B19 Giebelstadt: Geplante Ortsumgehung ist zum Schaden von Natur und Umwelt

„Dass die für eine andere Trasse notwendigen Grundstücke sich noch in Privatbesitz befinden, darf kein Grund sein, eine falsche Planung unendlich lange fortzuführen und auf Biegen und Brechen umsetzen zu wollen, ohne Rücksicht auf Verluste. Wenn der Blick in der Vergangenheit hängen bleibt, kann man keine angemessene Zukunftsplanung betreiben. Die geplante Trasse für die Ortsumgehung westlich von Giebelstadt ist zum Schaden von Natur und Umwelt“, so Grünen-MdL Kerstin Celina.

Dem naturschutzpolitischen Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion Patrick Friedl ist unverständlich, „dass die CSU an der Planung für eine westliche Ortsumgehung festhält, obwohl der Schaden und die Beeinträchtigung für den regionalen Arten- und Naturschutz eindeutig ist“ und von der höheren Naturschutzbehörde unmissverständlich festgestellt wurde. Dies reihe sich ein in eine Kette von Entscheidungen der Landtagsfraktion gegen den Umweltschutz. Friedl: „Die Landtags-CSU hat sich in den letzten Wochen vom weiteren Waldnaturschutz verabschiedet, Moorschutz abgeschwächt und den Schutz von Wasserschutzgebieten und Tiefengrundwasser grundsätzlich in Frage gestellt. Jetzt stellen der Landrat und die unterfränkische CSU sich auch aktiv gegen den Artenschutz und gefährden so den Fortbestand der streng geschützten Arten Wiesenweihe und Feldhamster in der Region.“

Die Grünen-MdL begründen ihre Kritik mit Zahlen und Daten, die Ihnen die Söder-Regierung selbst geliefert hat, bzw. vorenthalten hat. Die Antworten auf Ihre Anfragen zeigen, dass es für das Gemeindegebiet von Giebelstadt keine aktuelle Kartierung sämtlicher schützenswerter Arten gibt. „Das heißt“, so Celina, es sei klar, dass einige schützenswerte Arten wie die Wiesenweihe hier wichtige Brutstätten haben, „aber was es sonst noch an schützenswerten Arten gibt, ist unbekannt.“ Einfach die Augen zu machen und weiter machen wie bisher, ignoriere, dass das Artensterben inzwischen dramatische Dimensionen erreicht habe, so die Landtagsabgeordneten Celina und Friedl.

Im Fokus der Debatte um die geplante Umgehungsstraße steht die Wiesenweihe. Aus den Antworten der Staatsregierung geht hervor, dass die erste Brut der vom Aussterben bedrohten Vogelart in der Gemeinde Giebelstadt 1996 bei Sulzdorf festgestellt wurde. Nach einer schrittweisen Etablierung wurden meist 5 bis 10 Brutpaare gefunden. Als bisherigem Höchstwert gab es 16 Brutpaare 2019 und 18 Brutpaare 2020. „Wer die Verdreifachung der Brutpaare von 6 auf gerade mal 18 als Begründung heranzieht, um dem Straßenbau hier Vorrang vor dem Schutz der Wiesenweihe zu geben, der hat keine Ahnung von Artenschutz“ beklagt Kerstin Celina. Sie verweist darauf, dass in Bayern im Zeitraum ab 2010 zwischen einem Drittel und über der Hälfte des bundesdeutschen Brutbestands der Wiesenweihe ansässig ist. „Wir sollten uns glücklich schätzen, dass die Naturschutzprogramme der vergangenen Jahre in der Region dazu geführt haben, dass Bayern heute die bedeutendste Lieferpopulation der Wiesenweihe in Mitteleuropa beherbergt“.

Zum Vorkommen des ebenfalls streng geschützten Feldhamsters erklärt Patrick Friedl: „Es gibt hier leider keine genauen Daten über die für den Feldhamster geeigneten Flächen auf dem Gebiet der Gemeinde Giebelstadt. Im gesamten Teilvorkommen „Ochsenfurter Gau“ und auch bundesweit sind die Feldhamster-Bestände in den letzten 20 Jahren deutlich zurückgegangen. Umso wichtiger ist es auch hier genau hinzuschauen.“

Die Landtagsabgeordneten sehen sich in ihren Bedenken und in ihrer Kritik von den Antworten der Staatsregierung unterstützt, die wörtlich feststellt: „Da die Planfeststellungsbehörde die naturschutzrechtlichen Problemstellungen der vorliegenden Planung als nicht bewältigt ansieht, ist eine rechtssichere Lösung zu erarbeiten, um eine Projektrealisierung zu erreichen (Frage 7.2). Enttäuscht sind sie allerdings von der ausweichenden Antwort zur Frage nach alternativen Maßnahmen zur Lärmreduzierung entlang der B19 Ortsdurchfahrten durch Giebelstadt, Herchsheim und Euerhausen (Frage 8.2): Hier verweist die Staatsregierung nur allgemein darauf, dass „grundsätzlich […] bei Fahrbahnerneuerungen in Ortsdurchfahrten Lärm mindernde Beläge“ in Frage kommen und „Schutzmaßnahmen an Wohngebäuden unter finanzieller Beteiligung des Bundes durchgeführt werden, wenn die Auslösewerte der Lärmsanierung überschritten sind“. „Hier erwarten wir konkrete Angebote der Staatsregierung an die Anwohner*innen der B19. Insbesondere ist es höchste Zeit für alternative Planungen zum Schutz von Natur und Wohnbevölkerung.“