Psychische Gesundheit geht uns alle an!

Grüne im Gespräch mit Dominique de Marné

Psychische Erkrankungen zählen inzwischen zu den häufigsten Krankheiten: jeder Dritte hierzulande ist einmal im Leben von einer psychischen Erkrankung betroffen, viele davon bereits im Kindes- und Jugendalter und in vielen Fällen mit einschneidenden, zeitlich unabsehbaren Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen und deren Umfeld. Wie geht man damit um? Was können wir tun, um zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen beizutragen und die Lebensqualität der Betroffenen und deren Umfeld zu verbessern? Welche aktuellen Herausforderungen beeinflussen unsere psychische Gesundheit? Und wie schaffen wir es, die Balance zwischen physischer und psychischer Gesundheit sicherzustellen?

Austausch und Diskussion auf Augenhöhe: die Fishbowl

Fish Bowl, Fotografin: Mercan Fröhlich

Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt eines offenen Gesprächs mit Dominique de Marné von der Mental Health Crowd, zu dem ich als Sprecherin für Sozialpolitik und Psychische Gesundheit zusammen mit der Augsburger GRÜNEN Landtagsabgeordneten Stephanie Schuhknecht, MdL, am 27. April in das Augsburger Zeughaus eingeladen habe – die erste von insgesamt vier GRÜNEN Fraktionsveranstaltungen zum Thema Mental Health in Bayern. Im Vordergrund stand der Austausch mit den Gästen: über psychische Gesundheit REDEN, ZUHÖREN und AUFKLÄREN waren die Prämissen des Abends. Um mit allen ein Gespräch auf Augenhöhe zu führen, war das Fish Bowl-Format gewählt worden.

Prävention, Awareness und Mental Health Literacy: Ziele der Mental Health Crowd

Dominque de Marné, Fotografin: Mercan Fröhlich

Mit ihrer „Mental Health Crowd“ hat Dominique de Marné eine Plattform geschaffen, die sich bereits seit 2015 dem Thema „Mentale Gesundheit“ widmet. Mit Erfahrung, Fachkompetenz und viel Kreativität bietet sie Selbstlernkurse, einen Blog über besondere Herausforderungen, Workshops und Events zum Thema an. Im Mittelpunkt stehen die Prävention von psychischen Erkrankungen, Awareness-Bildung insbesondere bei Schüler*innen, der Aufbau von Mental Health Literacy (psychischer Gesundheitskompetenz). Dominique de Marné versteht sich als Autorin, Unternehmerin, Mental Health Advocate und Erfahrungsexpertin.

Psychische Gesundheitskompetenz an den Schulen aufbauen!

50% aller psychischen Erkrankungen haben ihren Ursprung vor dem 14. Lebensjahr. Doch entweder werden sie nicht erkannt oder die jungen Menschen bleiben auf sich alleine gestellt. Deshalb ist es wichtig, in die Schulen selbst zu gehen, aufzuklären und Bewusstheit sowie psychische Gesundheitskompetenz aufzubauen. Es geht darum, Berührungsängste mit psychischer Erkrankung abzubauen, zu sensibilisieren, zu entstigmatisieren, und die Schüler*innen schließlich zu ermutigen, Ängste oder Anzeichen für Depressionen und andere psychische Erkrankungen zu erkennen und zu thematisieren.

Es geht um den Aufbau von psychischer Gesundheit, von Resilienz und Stärke, um Prävention und Empowerment. Gerade Angsterkrankungen oder Depressionen sind in der Öffentlichkeit inzwischen enttabuisiert – auch dank der offenen Berichte von Expert*innen in eigener Sache. Und tatsächlich ist das Interesse an Mental Health sehr groß bei den Jugendlichen.

Das Bayerische Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (BayPsychKHG): Stigmatisierung statt Entstigmatisierung

Ein besonderes Problem ist die Stigmatisierung – und auch Kriminalisierung – von anderen psychischen Erkrankungen wie z.B. Formen der Schizophrenie. Mehr Menschen leiden unter Schizophrenie als an Diabetes. Und dennoch wird Schizophrenie in den Medien in erster Linie mit Gewaltverbrechen in Zusammenhang gebracht, was zu Vorurteilen, Verunsicherung und Ängsten in der Bevölkerung führt.

Kerstin Celina, Fotografin: Mercan Fröhlich

Dies zeigte sich auch an der Entwicklung des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes: Während der ursprüngliche Entwurf des Gesundheitsministeriums tatsächlich Reformen im Sinne psychisch erkrankter Menschen vorsah, wurde der Gesetzentwurf nach einem Attentat vom Innenministerium vereinnahmt – und damit auf ein rigides Unterbringungsgesetz im Sinne von Gefahrenabwehr reduziert. Statt – wie angekündigt – zur Entstigmatisierung beizutragen, verstärkt es die Stigmatisierung von Menschen mit psychischer Erkrankung. Zwar wurde auf den massiven Protest von Ärzt*innen, Psycholog*innen und Selbsthilfeorganisationen hin nachgebessert, aber von einem Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz kann nicht die Rede sein (vgl. dazu die GRÜNEN Verbesserungsvorschläge).

Dominique de Marné, Stephanie Schuhknecht und Kerstin Celina. Fotografin: Mercan Fröhlich.

Angesprochen wurden auch die Belastungen für Familienangehörige und Bekannte im Fall eines Suizids. Was hätte der/die Betroffene gebraucht? Welche Anzeichen für eine Suizidgefährdung wurden übersehen? Dominique de Marné verwies hier auf die Praxis der „psychischen Obduktion“ in den Niederlanden. Damit wird das Umfeld wie zum Beispiel der Arbeitsplatz im Nachhinein systematisch nach Anzeichen für eine Suizidgefährdung durchforscht bzw. ausgewertet.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Fokussierung auf Mental Health zeigt neue Perspektiven im Umgang mit psychischer Erkrankung auf – für Betroffene, für Angehörige und für Bekannte. Das werden wir GRÜNE im Bayerischen Landtag weiterverfolgen!


Weitere Veranstaltungen der Landtagsfraktion mit Dominique de Marné:

13.06.23, 18 bis 20 Uhr in Ottobrunn mit Kerstin Celina, MdL, und Claudia Köhler, MdL

22.06.23, 19 bis 21 Uhr in Erlangen mit Kerstin Celina, MdL, und Christian Zwanziger, MdL

27.06.23, 18 bis 20 Uhr in Würzburg mit Kerstin Celina, MdL, und Patrick Friedl, MdL