Regulierung statt Kriminalisierung

Gewagt war das Ansinnen der Grünen, ein Tabuthema in die fränkische Kleinstadt zu bringen. „Ob sich wohl einige Leute trauen, öffentlich über Cannabis zu sprechen?“ fragte sich Britta Huber.

Tatsächlich durfte die Grüne Stadträtin dann ein sehr gemischtes Publikum im Main Ärztehaus begrüßen: Befürworter und Gegner, Fachleute und interessierte Laien, auch etliche junge Menschen waren gekommen, um mit der Landtagsabgeordneten Kerstin Celina über das Grüne „Cannabis-Kontrollgesetz“ zu diskutieren. Die sozialpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion Bayern freute sich über eine kontroverse Diskussion, die sehr offen geführt wurde:

Die Einen sahen Cannabis als Einstiegsdroge und wollten auf keinen Fall eine Legalisierung und Freigabe von Cannabis-Konsum; sie glaubten nicht, dass ein Cannabis-Kontrollsystem funktionieren könne; die Angst vor strafrechtlicher Verfolgung solle bleiben und abschrecken.
Die Anderen sahen die Kriminalisierung der Cannabis-Konsumenten als das eigentliche Problem und setzten auf Aufklärung und Suchtprävention für effektiven Jugendschutz; sie glaubten dass eine kontrollierte Abgabe von ungepanschtem Cannabis an Erwachsene die Verbraucher vor den Gefahren des Schwarzmarkts schützen könne; Aufklärung führe eher zu Konsumverzicht als Angst vor Strafe.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Alkohol und Tabak als weit gefährlichere Drogen ein als Cannabis, die Zahl der durch Alkohol und Nikotin verursachen Todesfälle geht in jedes Jahr in die Millionen. Trotzdem, so Celina, sei der Konsum von Alkohol und Tabak für Erwachsene nicht strafbar, wer das Risiko eingehen wolle, seinen Körper durch übermäßigen Konsum von Alkohol oder Nikotin zu schädigen, dürfe das tun, denn der Staat, so Celina, beschränke sich darauf, über gesundheitliche Risiken aufzuklären, Forschungen durchzuführen und klare Regeln für die Produktion und Abgabe von Nikotin und Alkohol aufzustellen. „Die harte strafrechtliche Verfolgung von Cannabis-Konsums widerspricht diesem System und treibt die Cannabis Konsumenten in die Abhängigkeit von Dealern“, so Celina, und berief sich auf Publikationen namhafter Juristen wie den Richter Andreas Müller und die Mitglieder des „Schildower Kreises, deren Sprecher, der Bremer Professor für Strafrecht und Kriminologie Dipl.-Psych. Lorenz Böllinger, legale Alternativen zur repressiven Drogenpolitik fordert. Verbieten bedeute, auf Jugendschutz und Verbraucherschutz zu verzichten, ohne den Konsum einschränken zu können, wie die Erfahrungen der vergangenen Jahre gezeigt haben. „Denn die Dealer verkaufen alles, gestrecktes Zeug mit unklarem Wirkungsgehalt, an Kunden in jedem Alter, mit dem Ziel, mittelfristig teurere harte Drogen mit einem hohen Suchtpotenzial an den Mann bzw. die Frau bringen zu können.“

Kerstin Celina und Interessierte bei der Veranstaltung zu Cannabis.