Pressemitteilung: Hilfe braucht einen langen Atem

Auf dem Bild sind von links nach rechts: Franz Bernitzky, Gerhard Müller, Kerstin Celina, Thomas Geuppert und Ulrike Schürger

MdL Kerstin Celina und Bezirksrat Gerhard Müller zum Gespräch im Johanna-Kirchner-Haus der AWO in Marktbreit

Respekt, Anerkennung im Beruf, eine Familie und stabile Beziehungen zu Freunden sowie persönliche Erfüllung durch sinnvolle Tätigkeiten im Beruf und Hobby – so stellen sich Deutschlands Jugendliche ihre Zukunft vor, wie die Shell Jugendstudie jedes Jahr aufs Neue belegt. Doch was, wenn es nicht klappt? Wenn psychische Erkrankungen zu Auffälligkeiten und Störungen im Verhalten führen, wenn es keine Anerkennung für Leistungen gibt, wenn man nicht einmal genau weiß, was man eigentlich will, geschweige denn, wie man es umsetzen kann, wenn Beziehungen zu anderen schwierig bis unmöglich sind, und wenn einfach nichts „normal“ ist? Dann kann es zu Resignation, Verweigerungshaltungen, aggressivem Verhalten und Ablehnung von Eigenverantwortung kommen, gefolgt von Arbeitsplatzverlust und Geldverlust und in die Brüche gegangen Beziehungen. Führt die Resignation zu Depressionen, wird den erkrankten Menschen in einer Psychiatrischen Einrichtung geholfen, doch der Weg zurück in ein „normales“ Leben dauert auch nach der Akutbehandlung oft mehrere Jahre.

Im Johanna-Kirchner-Haus der AWO in Marktbreit werden psychisch erkrankte Menschen aufgenommen, die eine intensive therapeutische Nachbetreuung benötigen und nicht nach Hause entlassen oder in andere komplementäre sozialpsychiatrische Einrichtungen vermittelt werden können. „Eine wichtige Einrichtung“, meint Kerstin Celina, Mitglied des Bayerischen Landtags und sozialpolitische Sprecherin der GRÜNEN Fraktion. “Ohne eine beschützte und sichere Umgebung finden viele Patienten nicht dauerhaft zurück in ein eigenständiges und verantwortliches Leben zurück. Hier dagegen können die betroffenen Menschen und ihre Angehörigen lernen, mit ihrer Krankheit zu leben, erreichbare Ziele zu entwickeln und diese umzusetzen“.

„Teilhabe an der Gesellschaft ist wichtig für jeden Menschen, und gerade die psychisch kranken Menschen werden oft vergessen“ stellt Gerhard Müller, Bezirksrat der GRÜNEN und von Beruf Klinischer Neuropsychologe, und daher mit den Krankheitsbildern der hier betreuten Menschen vertraut, fest. „Wir denken bei Behinderungen viel zu oft nur an körperliche Einschränkungen und lassen Menschen mit psychischen Erkrankungen außen vor“.

Grund für den Besuch der Landtagsabgeordneten Celina und des Bezirksrats Müller war, die konkreten Folgen zweier anstehender Gesetzesvorhaben für die zu betreuenden Menschen und die Einrichtungen vor Ort selbst zu diskutieren. „Vom Bundesteilhabegesetz, das sich gerade Bundestag in der erste Lesung befindet, erwarten wir, dass die Kosten nicht bei den überörtlichen Sozialhilfeträgern und somit beim Bezirk abgeladen werden“, so Müller, der sich mit dem Präsidenten des Bayerischen Bezirketags Josef Mederer (CSU) einig sieht, dass „Menschen mit Behinderung in stationären Einrichtungen – wie alle anderen auch – ihre Beiträge zur Pflege- und Krankenversicherung zahlen und im Endeffekt schlechter gestellt werden“. Celina erwartet im Landtag mit Spannung einen Gesetzesentwurf der bayerischen Staatsregierung zur Hilfe für psychisch erkrankte Menschen, der für diese Legislaturperiode geplant war, und mit dem gerade die Behandlung vor und nach akuten Krankheitsanfällen besser geregelt werden soll. „Leider haben wir immer noch keinen Entwurf der Staatsregierung und wir hinken im Zeitplan massiv hinterher“.

Franz Bernitzky und Ulrike Schürger, die pädagogischen Leiter des Johanna-Kirchner-Hauses, bedankten sich für den Besuch der beiden sozialpolitisch engagierten grünen Mandatsträger und nutzten die Gelegenheit ihre praktische Arbeit mit den 44 Bewohnern und 33 externen Klienten in Marktbreit zu präsentierten. Doch auch wissenschaftlich nimmt die Übergangseinrichtung für psychisch beeinträchtigte Menschen an einem einzigartigen Projekt der Universität Salzburg teil, dem sog. Synergetischen Navigationssystem (SNS). Hier werden im direkten Umfeld der Betroffenen über moderne Online-Portale die Prozesse der Selbstorganisation dokumentiert und begleitet, es geht also um eine intensive Förderung der Lebensplanung und die Schritte zur mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Zum Schluss erläuterte Thomas Geuppert, Bereichsleiter „Behindertenhilfe und Inklusion“ der AWO Unterfranken, ein weiteres Projekt „MainWohl – NetzWerk psychische Gesundheit (Integrierte Versorgung)“, bei dem es um ein maßgeschneidertes Versorgungsangebot und schnelle Hilfe im Notfall für Menschen mit psychischen Störungen in Unterfranken geht.

Die praktische und wissenschaftliche Arbeit im Johanna-Kirchner-Hauses der AWO in Marktbreit hat die beiden GRÜNEN, die auch im Kreistag des Landkreises Würzburg sitzen, in Ihrer Meinung bestärkt, dass das Thema psychische Erkrankung mitten in der Gesellschaft ihren Platz hat und immer wieder Fürsprecher in den Parlamenten benötigt. Herr Geuppert hat beide zu einem nächsten Besuch in das Marktbreiter „InHotel Mainfranken – Unterfrankens erstes inklusiv geführtes Hotel“ eingeladen, ein weiterer Baustein einer Teilhabe am Arbeitsleben mitten in Mainfranken.

Auf dem Bild sind von links nach rechts: Franz Bernitzky, Gerhard Müller, Kerstin Celina, Thomas Geuppert und Ulrike Schürger
Auf dem Bild sind von links nach rechts: Franz Bernitzky, Gerhard Müller, Kerstin Celina, Thomas Geuppert und Ulrike Schürger