Sozialpolitik in Bayern

Sozialpolitische Themen sind Schwerpunkte meiner politischen Arbeit. Als Mitglied im Sozialausschuss (kurz für „Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie“) beschäftige ich mich mit der großen Bandbreite der Sozialpolitik. Meine sozialpolitischen Positionen und ausgewählte parlamentarische Initiativen möchte ich hier vorstellen.

Deutschland ist ein „sozialer Bundesstaat“ (Art. 20 GG), d.h., der Staat muss bedürftige Bürger*innen unterstützen. Mit Hilfe dieser Unterstützung sollen sie nicht nur vor Armut und – vorübergehenden oder dauerhaften – sozialen Notlagen geschützt werden, sondern auch am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

Sozialpolitik muss diesen Solidaritätsgedanken glaubwürdig widerspiegeln und verlässlich sein, ansonsten beginnen viele an „dem Staat“ zu (ver)zweifeln. Genau das erleben wir leider gerade: die CSU entsolidarisiert sich mit so vielen in unserer Gesellschaft, dass ihre Sozialpolitik in dem Umfeld keine glaubhafte Perspektive bildet. Allen voran natürlich Flüchtlingen. Eine solidarische Gesellschafts- und Sozialpolitik muss Menschen unabhängig von ihrer Herkunft die Chance bieten, Teil unserer Gesellschaft werden zu können. Dies ist ein Einstiegs- und auch ein Aufstiegsversprechen, das die CSU den meisten geflüchteten Menschen bei uns allerdings rigoros verweigert; solidarische Sozialpolitik findet nur für bestimmte Gruppen statt und wird dadurch unglaubwürdig.

Einige Beispiele: Beim Familiengeld hat die CSU versprochen, es allen Familien, unabhängig vom Einkommen zukommen zu lassen. Pustekuchen, den Hartz-IV-Empfänger-Familien wird es wieder abgezogen, außer sie wohnen in einer der zehn „Optionskommunen“ in Bayern, die es wieder anders handhaben. Chaos pur, das führt zu Verlust von Vertrauen in den Sozialstaat. Die meisten Eltern von Pflegekindern erhalten auch kein Familiengeld – ist deren Pflegekind etwa weniger wert? Vertrauensverlust pur.

Beim Landespflegegeld ist es ähnlich: Wer Grundsicherung bekommt, also besonders wenig Rente und Einkommen hat, dem wird Landespflegegeld zwar nicht von der Grundsicherung wieder abgezogen, aber mit der „Hilfe zur Pflege“ verrechnet. Das ist anders als ursprünglich angekündigt. So zerschießt die CSU das Vertrauen in den Sozialstaat. Politische Maßnahmen werden vor der Wahl versprochen und können dann nicht umgesetzt werden, weil sie den – selbst beschlossenen – Gesetzen widersprechen.

Die Ursachen für Armut und soziale Notlagen sind vielschichtig, fast immer steht jedoch dahinter, dass die Einnahmen aus einer bezahlten Arbeit nicht hoch genug sind, um die Ausgaben für alle in dem Haushalt lebenden Personen abzudecken, und manche haben ja gar kein eigenes Zuhause mehr. Obdachlosigkeit trifft nicht nur Einzelpersonen, auch Familien oder Teile von Familien verlieren ihre Wohnung und finden keine neue Bleibe, z.B. nach einer Trennung, nach Gewalt in der Familie, nach Mieterhöhungen oder nachdem der Lebenspartner verstirbt. Viele Menschen ohne regelmäßiges Einkommen, ohne einen „glatten“ Lebenslauf und ohne gute Perspektive haben fast gar keine Chance mehr, in städtischen Gebieten eine Wohnung und eine von da aus  erreichbare Arbeit zu finden.

Geld, sogenannte „finanzielle Transfers“, sind wichtig, aber stellen nur einen Teil der Lösung dar. Ebenso wichtig ist es, Beratung bereitzustellen, Perspektiven aufzuzeigen und den Weg dahin zu erleichtern, sei es durch eine berufliche Umschulung, die vielleicht neue Wege eröffnet, durch die Bereitstellung von günstigem Wohnraum, Infrastruktur, durch Kinderbetreuung und Bildung, und vieles mehr. Auch in Bayern gibt es an vielen Stellen Nachholbedarf, denn nicht alle Menschen besitzen die gleichen Chancen und Freiheiten in ihrer Lebensgestaltung. Wer arm, alt, krank, behindert, arbeitslos und alleine ist, oder gleich mehreres gleichzeitig ist, kann davon erzählen: wir – der Staat ebenso wie die einzelnen Bürger*innen – müssen uns die Zeit nehmen, diesen Erzählungen zuhören, um Verbesserungen angehen zu können. Solidarität lässt sich nur leben, wenn man die Probleme der vielen einzelnen Menschen nachvollziehen kann.

Grüne sozialpolitische Initiativen

Chancengleichheit ist ein wesentlicher Bestandteil des Sozialstaats. Für uns GRÜNE beginnt diese bereits im Kindergartenalter. Nur mit einer qualitativ hochwertigen frühkindlichen Betreuung, flächendeckend in allen Regionen Bayerns, werden die Voraussetzungen geschaffen, damit alle Kinder – unabhängig von ihrer Herkunft und Einkommen ihrer Eltern – gut ins Leben starten können. Um die Qualität der Einrichtungen zu gewährleisten, fordern wir, den Mindestanstellungsschlüssel für Fachpersonal deutlich zu verbessern. Familie und Beruf müssen besser miteinander vereinbar sein. Deshalb müssen mehr Kitas auch in den Randzeiten geöffnet bleiben. Zu diesem Thema habe ich zusammen mit meiner Fraktionskollegin Christine Kamm ein umfangreiches Antragspaket zur frühkindlichen Bildung eingebracht.

Eine zentrale grüne sozialpolitische Position ist die Schaffung gleicher Chancen auch für Menschen mit Behinderung, so wie es die von Deutschland unterschriebene UN-Behindertenrechtskonvention fordert (mehr beim Thema Inklusion).

Sozialpolitik ist eng mit Familienpolitik verwoben. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eventuell gleichzeitig mit der Herausforderung, die Pflege von Familienangehörigen zu übernehmen, braucht tragfähige Rahmenbedingungen. Wir haben ein Maßnahmenpaket erstellt, das realistisch und perspektivisch das Familienleben unterstützt. Die Situation von Alleinerziehenden beschäftigt mich sehr. Alleinerziehende haben ein viel größeres Risiko arm zu werden als Familien, in denen zwei Erwachsene sind, die arbeiten können. Alleinerziehende haben für sich und die Kinder Kosten, die in Familien mit zwei Erwachsenen besser aufgeteilt werden können, z.B. Auto, Tageszeitung, Waschmaschine, Miete, GEZ Gebühren, Versicherung, Festnetz-Telefonanschluss etc. Ein Partner, einer mehr in der Wohnung, ist üblicherweise eine finanzielle Entlastung. Wir haben die CSU-Regierung aufgefordert, Maßnahmen zur Bekämpfung des steigenden Armutsrisikos von Alleinerziehenden und ihren Kindern zu ergreifen. Gerade unsere Vorschläge zum Kinderbudget, das Kindergeld und Kinderfreibeträge zusammenfasst, würde zu einer Grundsicherung für Kinder führen, die eine wirkliche Hilfe und Öffnung von Teilhabechancen bedeutet.

Alleinerziehend zu sein, kann nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine besondere emotionale Belastung sein: man trägt oft eine unschöne Trennungserfahrung mit sich, es ist ein Bruch im Leben, der langfristige Folgen hat. Wer beispielsweise lange nicht oder nicht viele Stunden arbeiten kann, hängt an sozialen Transferleistungen und braucht besonders viel Energie, um diese Situation zu meistern, v.a. die Unsicherheit, wie geht es weiter, finde ich später wieder eine gute Stelle, wie gelingt der Wiedereinstieg und wann und wie soll der erfolgen? Wer dann Familie und Beruf unter einen Hut bringen will und muss, braucht erst recht besonders viel Energie. Ohne ein gutes Netzwerk ist das kaum zu schaffen. In München habe ich mit unserer Fraktionsvorsitzenden, Katharina Schulze, Verena Osgyan, frauenpolitische Sprecherin, im März 2018 deshalb ein Vernetzungstreffen im Landtag organisiert. Als externe Gäste hatten wir die Autorin und Bloggerin Christiane Finke und Helene Heine, Vorsitzende des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter Bayern eingeladen. Wir haben so die Möglichkeit für Austausch und Vernetzung geschaffen, um Informationen auszutauschen und Ideen sammeln, die wir in den parlamentarischen Prozess einbringen.

Hier auf dieser Webseite kann ich natürlich nur einzelne Themen ansprechen. Bitte kontaktieren Sie mich bei darüberhinausgehenden Fragen.

Entscheidungsstrukturen im föderalen System

Es ist vorrangige Aufgabe der Bundesregierung, grundlegende Entscheidungen bezüglich der Ausgestaltung des Sozialstaats zu treffen, aufgrund der föderalen Struktur in Deutschland übernehmen aber auch die Bundesländer verschiedene Kompetenzen. Die Länder regeln die Bereiche Bildung, Integration und Inklusion. Für die konkrete Umsetzung der Beschlüsse des Freistaates Bayern sind oft die Bezirke und Kommunen bzw. Landkreise zuständig, andere Aufgaben verbleiben beim Freistaat, z.B. die Beratung von Menschen, die eine Leistung bekommen, die der Freistaat selbst beschlossen hat, z.B. Teilblindengeld oder Betreuungsgeld oder Landeserziehungsgeld.

Die Kommunen sind dafür verantwortlich, Kita- und Krippenplätze in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen, die Schulgebäude auszustatten oder Plätze der Begegnung in den Städten und Gemeinden zu schaffen, um so Inklusion und gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung sowie die Integration von in Bayern lebenden Migrant*innen zu ermöglichen. Die Bezirke sind zuständig für die Versorgung einer Region mit Psychiatrieplätzen und die Förderung von Menschen mit Behinderungen.

Nur wenn das Zusammenspiel der verschiedenen Ebenen klappt, die Zuständigkeiten klar definiert sind und genügend Geld und Mitarbeiter in den einzelnen politischen Ebenen zur Verfügung stehen, kann gute Politik für alle gelingen; ein „Verschiebebahnhof“ zwischen den verschiedenen Stellen muss ausgeschlossen werden, ebenso wie ein „durch das Raster fallen“ der betroffenen Menschen. Hier bringen wir als GRÜNE Landtagsfraktion unsere Ideen und Ziele in die Debatte im Bayerischen Landtag ein. Wenn die bayerische Staatsregierung beispielsweise die Augen vor einem Mangel an Plätzen in Kindertagesstätten verschließt, dann konfrontieren wir die CSU-Staatsregierung damit, schlagen Lösungen vor und fordern sie zum Handeln auf.