„Kann Gott unter seinen Engeln diese Schreie vergessen?“ fragt eine Frau im Buch von Franz Werfel „Die 40 Tage des Musa Dagh“, der wohl bedeutendsten literarischen Aufarbeitung des Völkermords an mindestens einer Million Armeniern vor 102 Jahren. Gestern habe ich in meiner Rede zu diesem Jahrestag diesen und viele weitere Sätze aus Franz Werfels Buch zitiert, die ganze Rede können Sie hier nachlesen. Vor dem sogenannten „Armenierstein“ in Höchberg bei Würzburg findet jedes Jahr eine Gedenkveranstaltung statt, um an den grausamen Völkermord zu erinnern.
Franz Werfel war selbst Jude, sein Buch wurde 1933 veröffentlicht, und obwohl er selbst genau beschrieben hatte, wie sich der armenische Völkermord angekündigt hatte, (erst wurden die Pässe abgenommen, dann wurden die Armenier als „Pack“ bezeichnet, der Hass bekam immer mehr Raum und am Schluß wurden Armenier ins nirgendwo deportiert und umgebracht), hat er den Mord an den Juden nicht vorhergesehen, hat es einfach nicht glauben können, dass seinem eigenen Volk das passieren würde. Die Armenier wurden in einem der ersten Völkermorde in diesem Jahrhundert umgebracht, so viele Menschen, wie heute in Köln wohnen, starben.
An wie vielen Orten der Welt seitdem Menschen wegen ihrer Volkszugehörigkeit systematisch ermordet wurden, hat Gurgen Petrossian gestern bei der Gedenkveranstaltung eindrucksvoll dargestellt, der übrigens gerade an seiner Dissertation zum Thema „Die staatliche Verantwortlichkeit für Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit‘‘ arbeitet. Die gestrigen Feierlichkeiten zum Gedentag an den Genozid in Armenien gestern haben wieder einmal gezeigt, dass es bei Gedenktagen dieser Art nicht nur um das Erinnern an frühere Ereignisse geht, sondern auch darum, in Zukunft Völkermorde viel früher zu verhindern und konsequente Strafverfolgung zu betreiben. Wer zum Völkermord anstiftet und diesen unterstützt, darf nie mehr straffrei davonkommen.