Informationsreise des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration nach Israel

Im November 2017 durfte ich an einer Informationsreise des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration nach Israel teilnehmen. Es war meine dritte Reise nach Israel. Im Vordergrund dieser Reise standen neben dem Besuch politischer Institutionen, wie beispielsweise dem Knesset oder der deutschen Botschaft und Gesprächen mit Politikern auch der Besuch der Holocaust Gedenkstätte, der Dormitio-Abtei und Führungen durch die Altstadt von Jerusalem, durch Betlehem und Tel-Aviv. So war es möglich, dass man sich in den fünf Tagen der Reise zumindest ein Bild von dem Land zu machen konnte, dessen Geschichte gleichzeitig so eindrucksvoll, faszinierend und erfolgreich aber eben auch kompliziert, leidgeprüft und widersprüchlich ist.

Der erste Tag galt der Vorbereitung auf die kommende Woche und wurde demnach noch etwas ruhiger gestaltet. Wir bekamen ein politisches und sozialpolitisches Briefing durch den Gesandten der Deutschen Botschaft in Israel. Er bereitete uns thematisch und inhaltlich auf die nächsten Tage vor.

Am Dienstag, dem zweiten Tag unserer Reise, stand vormittags der Besuch der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem auf dem Programm.

Es war bereits mein dritter Besuch im Yad Vashem und wieder war es der Ort, der mich am meisten beeindruckt hat. Neben der Gedenkhalle und dem Museum ist es vor allem die Kindergedenkstätte, dir mir schon bei meinen ersten beiden Besuchen in Israel nachhaltig in Erinnerung geblieben ist. An diesem Ort, ausgehoben aus einer unterirdischen Höhle, wird den etwa 1,5 Millionen Kindern gedacht, die im Holocaust ermordet wurden. Betritt man die Gedenkstätte, kommt man in einen kleinen dunklen Raum, der nur von Teelichtern erhellt wird. Jedes Teelicht soll symbolisch für 1.000 ermordete Kinder stehen. Und während man durch den Raum läuft, werden im Hintergrund die Namen der ermordeten Kinder, ihr Alter und ihre Herkunftsländer genannt. An diesem Ort wird einem das ganze das Ausmaß der Katastrophe, dass die Nationalsozialisten angerichtet haben, eindrucksvoll in Erinnerung gerufen.

Besonders beeindruckt war ich von dem Treffen mit den Überlebenden des Holocaust und von dem, was sie sagten. Ich fragte, wie es sein wie es sein könne, dass sie nach den Erfahrungen, die sie hatten, so lebensfroh und physisch und psychisch fit seien. Und einer antwortete mir, dass viele das nicht verarbeiten konnten, und sie sich in den Nachkriegsjahren umgebracht hatten, weil sie an ihren Erinnerungen zerbrochen seien.

Blick in den Plenarsaal der Knesset.
Blick in den Plenarsaal der Knesset.

Unwirklich erschien mir danach die Fahrt zur Sozialversicherungsanstalt und der Besuch des Knesset, dem Parlament, wo einem zugleich die gegenwärtigen Probleme näher gebracht wurden, der aber auch die Erfolgsgeschichte des israelischen Staates dokumentiert. Über 70 Jahre Demokratie in Israel wird hier gelebt. Umgeben von Ländern, die mehrheitlich diktatorisch regiert wurden und werden.

 

Es folgte ein Besuch bei den Brüdern des Bendektiner Ordens in Jerusalem. Wir sprachen vor allem über das Zusammenleben palästinensischer Araber und Israelis in Jerusalem.  Aus dem Gespräch mit den Brüdern des Benedektiner Ordens ging hervor, wie schwierig die Verhältnisse gerade in Ost-Jerusalem sind.

Am nächsten Tag konnten wir uns dann selber ein Bild von der Lage machen. Wir bekamen eine Führung durch die Jerusalemer Altstadt. An keinem anderen Ort der Welt prallen die Gegensätze so offensichtlich aufeinander wie hier. Der Nahost-Konflikt, der die Region schon seit Jahrzehnten prägt, wird hier greifbar. Das israelische Sicherheitsbedürfnis und das palästinensische Freiheitsbedürfnis stehen sich hier diametral gegenüber. Zum Teil Unversöhnlich, und trotzdem leben  hier alle zusammen. Christen, Muslime, Juden, Atheisten, jüdische Siedler und Palästinenser. Das macht diesen Ort aus.

Altstadt Jerusalems mit Blick auf die Westmauer.
Altstadt Jerusalems mit Blick auf die Westmauer.

Besonders interessant an dieser Reise war aber auch, dass uns eben nicht nur die israelische Sicht auf die gegenwärtigen politischen, gesellschaftlichen und sozialen Probleme vermittelt wurde, sondern das uns auch die Möglichkeit geboten wurde, Einblicke in die arabisch-palästinensische Sichtweise zu erhalten.

Aus diesem Grund bekamen wir nach eine Einführung zu der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Position in den Palästinensischen Gebieten die Gelegenheit, einen ganz besonderen Ort kennenzulernen:  Tent of Nations, ist ein südlich von Betlehem gelegener landwirtschaftlicher Betrieb, der von einer Familie palästinensischer Christen geführt wird. Unter dem Leitspruch „Wir weigern uns, Feinde zu sein“ setzt sich die Familie für Völkerverständigung und Vermittlung zwischen Israelis und Palästinensern ein. Trotz der schwierigen Lage des landwirtschaftlichen Familienbetriebs, der in der Nähe eines großflächigen israelischen Siedlungsgebiets liegt und der neben den alltäglichen Schwierigkeiten auch einen langatmigen Rechtsstreit um den Besitz des Landes mit sich brachte, faszinierte mich der unerbittliche Einsatz von Daod Nassar, dem Leiter des Betriebs  für seinen Betrieb und seine Überzeugungen. Besonders ein Satz von ihm ist mir in Erinnerung geblieben: „We don’t need outsiders who come and tell us what to do. We need friends who come an join us in our struggle and vision. They help us keep the hope alive.“

Gespräch im Riyahn Center zu neuen Formen des Empowerments und der beruflichen Bildung für arabische Frauen in Israel.
Gespräch im Riyahn Center zu neuen Formen des Empowerments und der beruflichen Bildung für arabische Frauen in Israel.

Aus diesem Grund bietet die Familie Freiwilligen aus allen Ländern die Möglichkeit, die Arbeit in diesem Projekt  hautnah miterleben zu können und  in dem Betrieb auszuhelfen. Und so steht der Ort wirklich für die Hoffnung, dass das friedliche Zusammenleben doch möglich sein kann.

Die überwiegend positive Gefühl, dass ich von diesem Ort mitgenommen habe hält auch am letzten Tag unserer Reise an. Wir besichtigen Tel-Aviv, Jaffa, eine junge, liberale und weltoffene Stadt. Die Aufbruchsstimmung wurde besonders in der Gründer- und Start-up Szene in Israel deutlich. Sie profitieren von der ausgezeichneten wirtschaftlichen Lage des Landes, die auch bei unserer Führung durch Tel-Aviv, Jaffa spürbar wird. Sie ist auch ein Grund, warum es Israel heute so gut geht, steht aber konträr zu den wirtschaftlichen und sozialen Problem der Araber und verdeutlichen das Abhängigkeitsverhältnis indem die Palästinenser zu den Israelis stehen.

Dieser scheinbar unlösbare Konflikt hat mich auch auf der Rückreise begleitet und auch nicht losgelassen als ich wieder in Deutschland war. Was nicht bedeuten mag, dass ich total deprimiert nach Deutschland zurückgekehrt bin. Ganz im Gegenteil: Ich habe auch viele Menschen an vielen Orten kennengelernt, die hoffnungsvoll und positiv in die Zukunft blicken.

Auch aus diesem Grund erinnere ich mich gerne an eine sehr interessante und abwechslungsreiche Woche in Israel.