Kindermissbrauch und Pädophilie: Sind mehr Anlaufstellen und Hilfen für Täter und Opfer nötig?

Wer „Kindesmissbrauch“ im örtlichen Telefonbuch sucht, in der Hoffnung, eine Anlauf- oder eine Beratungsstelle zu finden, findet meistens gar nichts. Verknüpft mit einem bestimmten Ort findet man eventuell noch Adressen von Rechtsanwaltskanzleien. Wer „Pädophilie“ im Internet sucht, stößt als erstes auf einen 15-seitigen Artikel auf Wikipedia mit fast 50.000 Zeichen (zum Vergleich: dieser Artikel hat 2100 Zeichen) und in dem ganzen Artikel wird keine einzige Beratungsstelle für Opfer genannt oder verlinkt.

Wer ist zuständig? Im Zweifelsfall natürlich die Polizei, aber niederschwellige Angebote fehlen bzw. sind schwer zu finden. Telefonische Angebote, anonyme Beratungsstellen, bei denen man seinen Verdacht oder seine Nöte offenbaren kann, gibt es nur wenige und sie sind nicht allgemein bekannt. Strafanzeige zu stellen ist möglich, die Täterverfolgung wird durch einen Termin bei der Polizei in Angriff genommen, aber welche Folgen eine Offenbarung hat, welche Hilfen es für die Betroffenen und Verwandten nach einer Strafanzeige gibt, das weiß nahezu niemand. Wie man einem Kind helfen kann, das möglicherweise betroffen ist, ist den meisten Menschen nicht bekannt. Und, und das ist das Hauptproblem, es ist auch, wenn man sich bemüht, nicht leicht herauszufinden, wer helfen kann. Und deswegen wird mancher Verdacht gar nicht geäußert werden, und deswegen wird auch in Zukunft manches Opfer länger leiden müssen.

Kindesmissbrauch umfasst weit mehr als den tatsächlichen strafrechtlich relevanten Akt und den Handel mit pornographischem Material: es geht hier auch um Kontaktaufnahme mit Minderjährigen in Chat Rooms und in diversen Foren im Internet durch pädophile Erwachsene oder Straftäter. Hier wird in den Schulen gewarnt, aber das genügt nicht, denn auf die Frage, was man in einem solchen Fall tun soll, antworten die meisten Jugendlichen „Blocken“, ggf. kommt noch ein „sich an Erwachsene wenden“, aber örtlich zuständige Organisationen werden in den Schulen nur selten als Ansprechpartner genannt.

Jetzt hätte man durch die Thematisierung des Falls Edathy und der Hintergründe des Verkaufs pornographischer Bilder die Möglichkeit, in den Medien und in den Schulen Hilfsangebote bekanntzumachen. Dies geschieht nicht. Warum? Weil das Interesse, hier Öffentlichkeit zu schaffen, noch viel zu gering ist. Weil viele das Thema am liebsten auch weiterhin verdrängen wollen.

In der aktuellen Ausgabe der Bayerischen Staatszeitung kritisiere ich den falschen Umgang mit Kindesmissbrauch, sowie das fehlende Interesse der Öffentlichkeit.