Berichtet haben darüber unter anderem die Main-Post und Focus online.
Hier finden Sie die Probleme und unsere Lösungen im Überblick:
1. Der Freistaat bagatellisiert das Problem
Der Freistaat nimmt das Problem der häuslichen Gewalt gegen Frauen nicht als gesellschaftliches Problem ernst, sondern bagatellisiert und bietet für die Opfer viel zu wenig Hilfe. 38 staatlich geförderte Frauenhäuser bieten insgesamt 340 Plätze für Frauen und über 400 Plätze für Kinder. Nach einer vergleichenden Studie der Bundesregierung hat Bayern mit einer Quote von 1,17 Plätzen pro 10.000 Einwohnerinnen die zweitniedrigste Versorgungsquote von allen Bundesländern.
Diese Zahlen stehen in eklatantem Widerspruch zur Zunahme der häuslichen Gewalt: 2005 wurden bayernweit noch 12.760 Fälle registriert, 2013 bereits 19.438 Fälle, bei unbekannter Dunkelziffer. Das Problem nimmt zu und die Staatsregierung bleibt untätig. Wir halten das für eine fahrlässige Ignoranz gegenüber betroffenen Mädchen und Frauen. Die Initiative der Sozialministerin Emilia Müller kommt reichlich spät und ist reine Verzögerungstaktik, denn die Zahlen und Fakten liegen doch längst auf dem Tisch.
2. Die derzeitige Finanzierung der Hilfseinrichtungen ist beschämend
Die finanzielle Ausstattung der Hilfestellen – Frauenhäuser, Frauennotruf, Frauenberatungsstellen, Opferhilfe – ist desaströs. Der staatliche Personalkostenzuschuss für die Frauenhäuser und die Sachkosten- und Personalförderung für die Notrufe wurde zuletzt zum 1. Januar 2009 um 13 Prozent erhöht. Die finanzielle Ausstattung der Einrichtungen muss von kommunaler Ko-Finanzierung entkoppelt und als gesetzliche Pflichtleistung abgesichert werden. Die Mittel müssen automatisch an die Entwicklungen angepasst, dynamisch erhöht und verstetigt werden. Es kann nicht sein, dass die Hilfe für und der Schutz von gewaltbetroffenen Frauen unserem Freistaat so wenig wert ist, dass die Hilfestellen jedes Jahr erneut um ihre Existenz bangen müssen.
3. Der Freistaat muss die pro-aktive Beratung ausbauen
Das Angebot an Kooperations- und Interventionsprojekten mit pro-aktivem Beratungsansatz ist äußerst mangelhaft. Allein in Bayern gab es 2010 fast 18.000 Fälle von häuslicher Gewalt. In der weitaus überwiegenden Zahl der Fälle sind Frauen Opfer der Gewalt. Die Täter kommen zum größten Teil aus dem direkten persönlichen Umfeld der Opfer. Oft sind Kinder Zeugen der gewalttätigen Übergriffe. Pro-aktive Beratungsangebote müssen dringend als Teil des gesamten Präventions- und Interventionssystems ausgebaut werden.
4. Frauen mit Behinderung sind besonders betroffen und brauchen spezialisierte Angebote
Die Studie „Lebenssituationen und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland“, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2012 veröffentlicht hat, verdeutlicht, dass vor allem Frauen mit Behinderungen bislang unzureichend vor körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt geschützt sind. Dies ist auch in Bayern nicht anders.
Frauen und Mädchen mit Behinderungen sind teilweise zwei- bis dreimal häufiger von (sexualisierter) Gewalt betroffen als Frauen und Mädchen ohne Behinderung.
Gleichzeitig ist das Angebot an Frauenhausplätzen für Frauen und Kinder mit Behinderungen nach wie vor völlig unzureichend. Dies betrifft sowohl die Barrierefreiheit (räumliche Ausstattung, Gebärdendolmetscher, blindengerechte Einrichtung etc.) als auch die Beratungsangebote, die bisher nur in Einzelfällen behinderungsadäquat erfolgen können. Auch für sehr junge Frauen, für akut suchtmittelabhängige Frauen oder für akut psychisch erkrankte Frauen müssen Angebote geschaffen werden.
Die grünen Anträge im Einzelnen:
1. Einrichtung von Interventions- und Beratungsstellen mit einem pro-aktiven Beratungsansatz
Pro-aktive Beratungsstellen sind ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung häuslicher Gewalt und dienen der wirksamen Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes. Die Interventionsstellen werden in der Regel nach einem Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt tätig und nehmen aktiv Kontakt zu den betroffenen Frauen auf. Der Freistaat muss die notwendigen finanziellen Mittel für die pro-aktive Beratung in den kommenden Doppelhaushalt einstellen und wird aufgefordert, in Kooperation mit den bayerischen Frauenhäusern, Frauennotrufen und Beratungsstellen dem Landtag umgehend ein Konzept für ein flächen- und bedarfsdeckendes Angebot an Interventions- und Beratungsstellen für von Gewalt betroffene Frauen vorzulegen.
2. Anpassung der Fördersätze für Frauenhäuser und Notrufe an die Kosten- und Gehaltsentwicklung
Die Staatsregierung muss die in der „Richtlinie für die Förderung von Frauenhäusern in Bayern“ und die in der „Richtlinie zur Förderung von Notrufen für von sexualisierter Gewalt und häuslicher Gewalt betroffene Frauen und von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche in Bayern“ festgelegten Fördersätze an die allgemeine Kosten- und Gehaltsentwicklung anpassen.
Die Staatsregierung muss die im „Gesamtkonzept für Frauenhäuser in Bayern“ und in den „Richtlinien für die Förderung von Frauenhäusern und Notrufen in Bayern“ festgelegten Vorgaben für eine bedarfsgerechte Versorgung sowie die dort enthaltenen Fachkraftquoten und die qualitativen Standards zu überprüfen.
Die Staatsregierung wird aufgefordert, zur flächendeckenden Versorgung Bayerns mit Präventions- und Interventionsangeboten gegen (sexualisierte) Gewalt gegen Frauen mit Behinderung mehrere regionale Fachberatungsstellen als Modellprojekt einzurichten. Diese pro-aktiven Fachberatungsstellen halten für die betroffenen Frauen mit Behinderung sowohl Beratungs- als auch Therapieangebote vor. Außerdem sollen sie für Bezugspersonen und persönliche Assistenzen sowie für Fachkräfte in Einrichtungen der Behindertenhilfe spezielle Beratungs- und Qualifizierungsangebote entwickeln und für Schulen, Kindertagesstätten und Einrichtungen der Behindertenhilfe aufsuchende Präventions- und Interventionsangebote durchführen.
Die Staatsregierung wird aufgefordert, angesichts der besonders hohen Gewaltbetroffenheit von Frauen und Mädchen mit Behinderungen und von Frauen mit einer psychischen Erkrankung spezialisierte und barrierefrei zugängliche Schutz- und Beratungsangebote bedarfsgerecht auszubauen. Für das Personal in Frauenhäusern, Notrufen und Fachberatungsstellen müssen entsprechende Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden. Frauennotrufe und Fachberatungsstellen müssen in die Lage versetzt werden, im Bedarfsfall auch aufsuchende Beratung zu Hause oder in einer stationären Eirichtung anbieten zu können. Beratungsangebote für gewaltbetroffene Frauen von Selbsthilfeorganisationen wie den Netzwerkfrauen Bayern müssen weiter ausgebaut werden.
In einer Pressekonferenz präsentierte ich mit unserer gleichstellungspolitischen Sprecherin Verena Osgyan aus Nürnberg unser Antragspaket zur Unterstützung von Frauenhäusern.