Eine zentrale Voraussetzung auf dem Weg hin zu einer inklusiven Gesellschaft ist die Bereitstellung von und der Zugang zu barrierefreiem Wohnraum für Menschen mit Behinderung, aber auch für ältere Menschen. – ein Thema, das angesichts des akuten Wohnraummangels und hoher Mieten von besonderer Aktualität und Brisanz ist.
In Bayern gibt es definitiv zu wenig barrierefreien Wohnraum und zu wenige Wohnprojekte für Menschen mit Behinderung und ältere Menschen. Bayern ist im bundesweiten Vergleich Schlusslicht, wenn es um inklusives Wohnen geht, wie in einer Anhörung von Sachverständigen im Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie im Bayerischen Landtag am 28. Januar 2021 deutlich wurde. Viele Wohnungen sind nur teilweise oder geringfügig barrierereduziert, aber nicht vollständig barrierefrei. Noch immer wohnen viele Menschen mit Behinderung in besonderen Einrichtungen – und sind von Gemeinschaft und Gesellschaft isoliert. In der Konsequenz führt dies zu einer Missachtung des in der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) festgeschriebenen Wunsch- und Wahlrechts des Wohnorts für Menschen mit Behinderung.
Diesen Umstand habe ich zum Anlass genommen, zusammen mit dem GRÜNEN Landtagsabgeordneten und Würzburger Stadtrat Patrick Friedl, MdL, auf einer weiteren Veranstaltung im Rahmen der No limits!-Tour am 2. Mai in Aschaffenburg das Thema „Barrierefreies Wohnen“ mit Vertreter*innen von Behinderten- und Seniorenverbänden, Wohngenossenschaften und Expert*innen in eigener Sache sowie mit interessierten Gästen auf Augenhöhe zu diskutieren.
Der Teufel liegt hier – wie so oft – im Detail: Dies wurde besonders einprägsam von Frau Weinold, Vorsitzende des Landesverbands Kleinwüchsige Menschen und ihre Familien in Bayern e.V. und selbst von Kleinwuchs betroffen, vor Augen geführt. So können beispielsweise schwere selbstzufallende Türen und hohe Lichtschalter etwa im Hinblick auf den Brandschutz für Menschen mit Kleinwuchs lebensbedrohlich sein.
Wer aufgrund einer Behinderung z.B. Bad und Küche entsprechend umbaut, ist beim Auszug normalerweise verpflichtet, die Wohnung in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Dabei ist der barrierefreie Umbau bestehender Wohnungen sehr wichtig, um die Zahl barrierefreier Wohnungen zu erhöhen. Wir müssen deshalb Wege finden, um Mieter, die den barrierefreien Umbau einer Wohnung mit Hilfe der Kostenträger stemmen konnten, beim Auszug nicht zusätzlich belastet werden – und dass sich dadurch für diejenigen, die eine barrierefreie Wohnung suchen, das Angebot erhöht.
Frau Kopp, Mitglied des BSBB e.V. berichtete von einem ständigen Kampf um Unterstützungsleistungen und Hilfsmittel, wodurch sie sich vorkomme wie eine „Bittstellerin“, Dabei handelt es sich doch um Dinge, die für grundlegende Alltagshandlungen benötigt werden. So müssen sich Menschen mit Behinderung regelmäßig mit unübersichtlichen und schwer auffindbaren Internetseiten zu Förderungen für den barrierefreien Wohnungsumbau auseinandersetzen und erhalten vielfach nicht die benötigten Mittel. Sie verwies auch auf das verengte Verständnis von Barrierefreiheit im Sinn von Rollstuhltauglichkeit. Dies wird der Komplexität von Behinderung nicht gerecht.
Bei der Diskussion wurden die Hürden und Herausforderungen, mit denen Menschen mit Behinderung tagtäglich im Alltag konfrontiert sind, deutlich. Es fehlt in Bayern immer noch an entsprechenden gesellschaftlichen Strukturen und angemessenen politischen Rahmenbedingungen, um gesellschaftliche Teilhabe für Alle zu gewährleisten.
Im Rahmen der Diskussion wurde auch problematisiert, dass die Barrierefreiheit selbst bei Neubauten vielfach nur punktuell umgesetzt und auch in der Quartier- und Stadtplanung oft nicht ausreichend berücksichtigt wird. So werden Menschen mit Behinderung vielfach an den Stadtrand geschoben, anstatt inklusiven Wohnraum in den Zentren bereitzustellen.
Mein Plädoyer: „Wir brauchen mehr barrierefreien Wohnraum, mehr gemeinsame Wohnprojekte, und zwar mitten in den Städten. Dafür muss endlich bestehender Wohnraum inklusiv umgestaltet werden.“
Auch Patrick Friedl forderte: „In Bayern müssen endlich die Strukturen für mehr inklusiven Wohnraum geschaffen werden. Dabei müssen die konkreten individuellen Bedarfe der Betroffenen einbezogenen werden. Dies ist die Grundvoraussetzung für die Umsetzung des Rechts auf Wahlfreiheit des Wohnortes für Menschen mit Behinderung, wie es die UN-BRK einfordert.“