Rede zur Insolvenzberatung

Liebe Kollegen,

manchmal könnte man an der Parteipolitik verzweifeln. So wie in diesem Fall.

Stellen Sie sich vor: alle Fraktionen und alle Experten und die Vertreter des fachlich zuständigen Ministeriums sind sich in der Sache einig, und trotzdem wird nicht das Richtige getan.

Genau das passierte vor wenigen Wochen im Ausschuß für Soziales. Zwei unserer Anträge wurden dort beraten, und ihre Vertreter, liebe Damen und Herren von der CSU, stimmtenkeinem der beiden zu, obwohl der Antragstext unseres einen Antrags WÖRTLICH von Ihnen, Herr Vogel, für richtig befunden wurde, wie auch das Protokoll der Ausschußsitzung nachlesbar für alle bestätigt. Trotzdem konnten Sie sich nicht zu einer Zustimmung durchringen. Da frage ich mich, wie wir die Bürger davon überzeugen wollen, dass auch in der hohen Politik Sachpolitik im Vordergrund steht. So schaffen wir das jedenfalls nicht.

Worum geht es?

Zum einen fordern wir – und inzwischen auch die Regierungsfraktion – die Zusammenlegung von Schuldner- und Insolvenzberatung ,

zum anderen, die Finanzierung der Fallpauschalen, die seit 1999 nicht mehr angepasst worden waren, an die Kostenentwicklung der letzten fünfzehn Jahre anzupassen.

Zur Zusammenlegung von Schuldner- und Insolvenzberatungunter dem Dach der Kommunen, erinnere ich daran,

dass der Landtag bereits in der letzten Legislaturperiode am09.11.2011 einstimmig beschlossen hatte, dass die Staatsregierung eine Zusammenführung von Schuldner- und Insolvenzberatung aus einer Hand prüfen und umsetzen solle(Drs.16/10234). Bisher liegt die Zuständigkeit für dieSchuldnerberatung bei den Kommunen und die Zuständigkeit für die Insolvenzberatung beim Freistaat.

Dies macht, wie die vielen Kommunalpolitiker unter Ihnen wissen, weder fachlich noch organisatorisch Sinn, denn in der Regel findet die Schuldner- und die Insolvenzberatung in denselben Beratungsstellen statt. Die genaue Abgrenzung der Aufgabenbereiche ist in der Praxis häufig schwierig zu bewerkstelligen. Die Abrechnung gegenüber unterschiedlichen Kostenträgern erhöht zudem den bürokratischen Aufwand. Deshalb fordern Fachöffentlichkeit, Einrichtungsträger und die Grünen schon lange die Zusammenführung von Schuldner- und Insolvenzberatung aus einer Hand. Auch das zuständige Ministerium hat sich ein seinem Bericht am 30.1.2015, vier Jahre nach dem Prüfauftrag, dem angeschlossen

Dort wird eine Zusammenführung von Schuldner- und Insolvenzberatung für fachlich sinnvoll und rechtlich möglich gehalten. Es wird desweiteren die Delegation der Aufgabe der Insolvenzberatung in den übertragenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte vorgeschlagen. Der Freistaat erkennt bei der Übertragung der Aufgabe die Konnexität an und erstattet den Kommunen die zusätzlichen Aufwendungen für die Übertragung der Aufgabe. Dieser Vorschlag findet auch die Zustimmung des Bayerischen Landkreistages und des Bayerischen Städtetages

Nichts anderes haben wir in unserem Antrag gefordert und trotzdem haben Sie aus parteipolitischen Gründen diesen Antrag abgelehnt, statt gemeinsam mit uns und den anderen Fraktionen dem Ministerium und der Ministerin den Rücken zu stärken.

Und diese Stärkung des Sozialministeriums wäre so wichtiggewesen, denn die Verhandlungen zwischen Freistaat, kommunalen Spitzenverbänden und der LAG Öffentliche und Freie Wohlfahrtspflege als Vertretung der Einrichtungsträger, scheiterten bisher vor allem am Streit um die Finanzierung der Beratung.

Eigentlich wollte die damalige Staatsministerin Haderthauer dem Landtag schon im Herbst 2011 ein abgestimmtes Konzept über die Zusammenführung von Schuldner- und Insolvenzberatungvorlegen. Zum 01.01.2013 sollte dann eigentlich die Delegation der Zuständigkeit für die Insolvenzberatung auf die Kommunen Inkrafttreten. Bis Ende 2014 konnte jedoch zwischen den beteiligten Verhandlungspartner keine Einigkeit erzielt werden.

Nun besteht politische Einigkeit über die Sinnhaftigkeit der Zusammenführung von Schuldner- und Insolvenzberatung – selbst der Bayerische Oberste Rechnungshof befürwortet die Zusammenführung. Jetzt darf keine weitere Zeit mehr verloren gehen. Und genau deshalb haben wir den konkreten Antrag gestellt, den Sie wider besseren Wissens ablehnen.

Statt dessen stellen Sie einen inhaltlich ähnlichen Antrag, aber unkonkreten Antrag mit wischi-waschi Formulierungen, und statt sich mit uns als Sozialpolitiker hinter das Ministerium zu stellen, fallen Sie ihm mit den wieder unkonkreten Forderungen in den Rücken.

Nun noch kurz zu unserem zweiten Antrag: Wir fordern einebessere Finanzierung der Schuldner- und Insolvenzberatung, weil die Fallpauschalen seit 1999 nicht mehr angepasst wurden und in der gleichen Zeit aber die Inflation im Durchschnitt 1,5% stieg. Das hört sich nicht viel an, aber ich habe es mit den exakten Inflationswerten nachgerechnet: Die Fallpauschale für eine Schuldnerberatung mit sechs bis 15 Gläubigern lag schon 1999 bei 507 €. Wäre sie mit der jährlichen Inflationsrate angepasst worden, bekämen die Träger heute 674 € .Sie ist aber nicht angepasst worden. Die Träger bekommen nach wie vor nur 507 €.

Dazu noch ein Vergleich: Die Abgeordnetenbezüge der Bundestagsmitglieder lagen 1999 bei umgerechnet 6583€. Heute liegen Sie 9082€, das heißt, die Anpassung erfolgte ziemlich genau mit der jährlichen Inflationsrate. Die Fallpauschale der Schuldner- und Insolvenzberatung blieb dagegen unverändert, obwohl auch hier die tatsächlichen Kosten für die Träger gestiegen sind.

Dass eine Verbesserung der Förderung der Insolvenzberatungdringend erforderlich ist, ist politisch unstrittig. Allein diePersonalkosten der Insolvenzberatung sind seit 1999 um ca. 30 Prozent gestiegen. Hinzu kommen die gestiegenen Kosten für neue gesetzliche Aufgaben, wie der Vertretung der Schuldner vor dem Insolvenzgericht.

Sie als Regierungsfraktion argumentieren nun, unser Antrag hätte sich erledigt, da mit der Neuordnung der Zuständigkeit auch ein neues Finanzierungsmodell einhergehen würde. Dies stimmt aber doch nicht! Unser Antrag fordert ja lediglich die dringend notwendige Kompensation für die in der Vergangenheit bereits angefallenen Mehrkosten. Die Insolvenzberatung arbeitet bereits seit längerem finanziell absolut am Limit. Es besteht also unabhängig von der Neuordnung ein dringender Handlungsbedarf! Außerdem wird eine Übertragung der Zuständigkeit für die Insolvenzberatung auf die Kommunen wegen der notwendigen Gesetzänderung und dem neuen Fördermodell ja frühestens zum Beginn des Jahres 2017 umgesetzt werden können. Und bis dahin wird gar nichts passieren, wenn Sie an der Linie, die Sie im Ausschuss vertreten haben, festhalten.

Hier die Rede in voller Länge: